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Clubbericht - Heidelberger Engagement für Flüchtlingskinder

Heidelberger Engagement für Flüchtlingskinder

Lions Deutschland | 24. Oktober 2020 | Dr. Chris Lange
Zahllose Straßensperrungen und -blockaden verhinderten den sicheren Transport der Kinder zum und vom Projekt.
Flüchtlingskinder aus Heidelberg
Im überdachten „Hof” vor Unterrichtsbeginn, im Hintergrund die Container mit rund 15 Quadratmeter pro Klassenzimmer. | Fotos: privat

Nach Angaben der UN-Flüchtlingshilfsorganisation befanden sich Mitte April 2020 immer noch über 910.000 Geflüchtete aus Syrien im kleinen Libanon (10.500 qkm) mit seinen ca. 4,5 Mio. Einwohnern. Wie viele nicht-registrierte syrische Flüchtlinge im Libanon leben, weiß niemand genau. Insgesamt gehen Behörden und NGOs jedoch immer noch von rund 1,5 Millionen Geflüchteten aus. Die Hälfte davon sind Kinder im Schulalter. Und das in einem Land, das in der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Ende des Bürgerkriegs vor genau dreißig Jahren steckt, dass keine Arbeitslosen- oder Sozialhilfe, geschweige denn Kurzarbeitergeld oder ähnliches kennt. Die Rate der libanesischen Haushalte, die an und unter der Armutsgrenze leben, wird seit Kurzem auf 45 Prozent geschätzt, die der syrischen Haushalte schon lange auf über 75 Prozent.

 

Viele, inzwischen nicht nur Flüchtlinge, haben schlicht nicht genug zu essen - und die Nahrungsmittelpreise sind in letzter Zeit nochmals dramatisch gestiegen, was auch, aber nicht nur der Corona-Krise geschuldet ist. Trotzdem, oder vielmehr: gerade deshalb, ist es umso wichtiger, dass Bildungsmöglichkeiten für alle geschaffen werden und vorhandene bestehen bleiben. Bislang können trotz großer Anstrengungen nur rund 40 Prozent der Flüchtlingskinder zur Schule gehen, in der Regel SchulanfängerInnen.

 

Aber Kinder, die drei Jahre alt waren, als ihre Eltern zum Beispiel 2012 mit ihnen flohen, sind heute elf Jahre; Kinder, die sieben Jahre alt waren, waren vielleicht zwei Jahre in Syrien zur Schule gegangen und sind heute 15 Jahre, mitten in der Pubertät.

Damit zumindest einige dieser „vergessenen” Kinder eine grundlegende Schulbildung erhalten, gründete Nimat Bizri von der Social Society for Relief and Education, die zuvor fünf Nachmittagsschulen für GrundschülerInnen initiiert hatte, zusammen mit der NGO Sawa im Jahr 2016 das Bridging Program in der Bekaa-Ebene nahe der Grenze zu Syrien.

 

Bridging Programm heißt es, weil ein Hauptziel ist, die Jugendlichen nach erfolgreichem Abschluss entweder in eine Ausbildung oder in eine reguläre Schule zu vermitteln. Denn, so die Devise: Jedes einzelne Kind zählt!

Von 2009 bis 2018 lebte ich mit meinem Mann in Beirut. 2012, kurz nach Beginn der Syrienkrise, lernte ich Nimat Bizri und ihre Organisation kennen. Seither arbeiten wir eng zusammen.

 

Meine in Heidelberg lebende Schwester hatte uns mehrfach im Libanon besucht. Über diese Verbindung lernten die Lions Clubs Heidelberg Ende 2015 das Projekt kennen und unterstützen es seither. Jedes Jahr haben sie zwischen 10.000 Euro und 18.000 Euro für das Bridging Program aufgebracht, was den Grundstock für die Finanzierung darstellt. Eine grandiose Leistung, wofür die Organisatorinnen und die Jugendlichen sehr dankbar sind!

 

Zu Beginn nahmen 60, dann 80 SchülerInnen am Bridging Program teil - in beengten Räumlichkeiten (Containern). Aber zum Schuljahr 2018/19 konnte das Projekt glücklicherweise in ein richtiges Gebäude mit Klassenzimmern umziehen und damit auch mehr SchülerInnen aufnehmen: im laufenden Schuljahr 71 Mädchen und 73 Jungen. Mehr als doppelt so viele stehen auf der Warteliste. Selbst wenn das Ziel, die AbsolventInnen weiterzuvermitteln, in der derzeitig schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Krise nicht erreicht werden sollte: das Gelernte kann ihnen niemand mehr nehmen.

 

Nachdem Mitte Oktober 2019 die (sehr berechtigte) Protestwelle im ganzen Libanon begann, war das Bridging Program, wie alle Bildungseinrichtungen im Libanon, für 14 Tage geschlossen. Zahllose Straßensperrungen und -blockaden verhinderten den sicheren Transport der Kinder zum und vom Projekt. Danach lief es wieder - bis Corona kam und alle Bildungseinrichtungen im Libanon Anfang März die Tore schließen mussten. Die erzwungene Schließung im Oktober erwies sich nun als hilfreich, denn gleich danach hatte die Schulleitung sich die Kontaktdaten der Familien geben lassen, von denen sehr viele Mobiltelefone nutzen. Über WhatsApp und anderen elektronischen Wegen läuft nun, bis Schulen wieder öffnen dürfen, zumindest ein Mindestmaß an Unterricht und zudem, ganz wichtig, bleibt der Kontakt erhalten